Kleine plattdeutsche Geschichten und Gedichte (in ostfriesischem Plattdeutsch)

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      In der Tanzschule. (Wörtliche Übersetzung der plattdeutschen Geschichte ins Hochdeutsche.)

In der dunklen Zeit, zwischen Januar und März, nehme ich mir gerne einmal die Zeit aufzuräumen und alles einmal ein bisschen in Ordnung zu bringen, was übers Jahr liegen geblieben ist und so dauerte es dieses Mal nicht lange, da hatte ich beim Schnüffeln, in einem Schrank in der untersten Schublade hinten, einen Stapel älterer Bilder gefunden. Fotos aus der Zeit, als ich so neunzehn, zwanzig Jahre alt war, als wir noch „unser ganzes Leben vor uns hatten“, wie ältere Leute gerne einmal sagen. Es waren auch einige Bilder dabei von unseren Tanzstunden im „Deutschen Haus" in Norden und so haben wir, meine Frau Lisa und ich, uns die Bilder etwas genauer angesehen und noch mal darüber nachgedacht und uns miteinander unterhalten, wie das war, damals, in dem großen Tanzsaal:
"Tanzschule Gerda und Jean Büntgen", stand auf dem Plakat auf dem Tisch, wo wir uns anmelden und bezahlen, mussten. Für den letzten Tag war ein großartiges Essen geplant, wo wir gemeinsam lernen sollten, manierlich mit Messer und Gabel umzugehen. (Als wenn wir das nötig hätten.)

Dort hinten war die Spielbühne mit dem dunkelgrünen Vorhang, auf der auch plattdeutsche Aufführungen stattfanden und wo wir uns auch später für das Gruppenfoto aufstellen sollten.
Und davor lag die große blanke Tanzfläche vor uns, wo wir uns nun, das erste Mal, mit den Mädchen nach der Musik drehen sollten. Vorher hatten wir Jungens noch unsere Späße darüber gemacht, aber nun wurde es mir doch etwas anders zumute, als ich alle die fremden Menschen sah. Lisa und zwei oder drei, andere Mädchen kannte ich ja schon, oder hatte ich zumindest hier und dort schon mal gesehen.
Von Enno, einer von meinen besten Freunden, wusste ich, dass auch Lisa sich für den Tanzkurs interessiert hatte und darum war ich eigentlich heute ja auch hier.
Enno war mit einer der Schwestern von Lisa zusammen und so konnte er mir erzählen, dass die beiden, Lisa und ihre ältere Schwester, schon seit Wochen am Üben waren, aber Enno wusste aber auch, dass ich auf Lisa, mit ihren dunkelbraunen Augen und dem schwarzen Haar, schon lange „ein Auge geworfen“ hatte, jedoch hatte sich bis jetzt noch keine Gelegenheit gefunden, ihr einmal etwas näher zu kommen.
Eine Reihe Mädchen stand an der einen Seite des Saales und auf der anderen Seite hatten wir Jungens uns aufgestellt. Ich hatte mich genau gegenüber von Lisa hingestellt, sodass ich den kürzesten Weg zu ihr hatte.
"Wenn die Musik anfängt zu spielen, gehen Sie
gesittet (!) hinüber zu einer Dame Ihrer Wahl", sagte Herr Büntgen. (Diese Worte sollte ich mein Leben lang nicht vergessen!)
Dann sollten wir uns vor den Damen verbeugen, so war uns das erklärt worden, und danach sollte das Tanzen losgehen.

Aber ich war leider nicht der einzigste Junge, der mit der niedlichen Lisa tanzen wollte, es waren wohl mindestens fünf andere Jungens, die auch auf dem Wege zu ihr waren. Erst hatte ich so meine Probleme damit, mit meinen neuen ledernen Tanzschuhen auf dem glatten Boden, überhaupt in Gang zu kommen und dann kamen sie von allen Seiten ausgerechnet zu Lisa. Fast hatte ich gewonnen, aber dann rutschte ich in dem Gewühle mit einem Mal aus und bums da lag ich, direkt vor „meinem“ Mädchen, auf dem Fußboden. Das muss wohl einen lauten Knall gegeben haben, als ich mit meinem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen bin. Einen Augenblick wusste ich nicht recht, wo ich war und mir war etwas komisch zumute, aber dann musste ich sehen, dass ich schnell wieder hoch kam, sonst könnte mir meine "Tanzfreundin" wohl doch noch verloren gehen. Aber Lisa hatte wohl einen ziemlichen Schrecken bekommen und half mir wieder auf die Füße. "Hast Du dir wehgetan"? Fragte sie ganz betrübt. "Nein, nein", sagte ich, "es ist nichts, die Hand werde ich mir wohl etwas verstaucht haben, aber dass bist Du mir wert", kam es so aus mir heraus gestammelt. Oh nein, das Letzte hatte ich nicht sagen wollen, nun hatte ich mich gleich verraten und bekam sicher auch noch einen ganz roten Kopf, aber glücklicherweise hatte das wohl von den anderen Jungen niemand gehört.

Der erste Tanz war ein Foxtrott und das ging ganz gut mit uns beiden, aber als wir so einigermaßen sicher waren, kam schon die zweite Tanzart dran und das war ein Walzer. "Auch das werden wir wohl hin bekommen", dachte ich. Walzer tanzen hatte ich auf Zeltfesten auch schon mal versucht, aber hier war das alles etwas anders. Es kam ganz genau darauf an und du musst (im Kopf) mitzählen: "Eins, zwei, drei und eins, zwei, drei." Wenn ich Lisa nicht gehabt hätte, wäre das sicher nicht so gut abgelaufen. So hatten wir am Ende unserer ersten Tanzstunde doch eine ganze Menge gelernt und es hat uns auch schon ein bisschen Spaß gemacht. Das meinte ich auch in Lisas Augen gelesen zu haben.

Später, auf dem dunklen „Alten Friedhof“, der an unserem Weg nach Hause lag, habe ich Lisa dann liebevoll "beim Kopf genommen", wie man so sagt und auch Lisa strich mir behutsam über den Kopf, aber das war ganz und gar nicht gut, ich hatte mir dort wohl, bei meinem Sturz auf dem Tanzboden, eine dicke Beule geholt. Ich hatte ich das schon lange wieder vergessen, aber gerade jetzt, hat mich die schmerzhafte Beule doch sehr gestört, aber ich biss die Zähne zusammen und ließ mir nichts anmerken.

       Johannes de Vries

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Anmerkungen:
Die Geschichte ist frei erfunden. Jede Ähnlichkeit, auch der Namen, mit lebenden Personen wäre rein zufällig und ist nicht beabsichtigt.

Ich danke meinem Freund und seiner Ehefrau, in Norden, dass sie mir das schöne Bild (links) (von ihrem eigenen Tanzkursus) zur Verfügung gestellt haben, da ich in meinen Alben kein passendes Foto gefunden habe.

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Lees un schriev ok Platt, dat lehrst du glatt!